Zurück vom Cannes Yachting Festival und von der Monaco Yacht Show, wo ich mich mit vielen Playern der globalen Großyacht-Industrie ausgetauscht habe, hat sich meine Beobachtung bestätigt, dass wir uns auf diesem Markt aktuell in einer vielschichtigen Lage befinden. Einige dieser Erkenntnisse würde ich gern mit Ihnen teilen:
Die geopolitischen Krisen dauern auch im zweiten Jahr an, die Inflation ist nach wie vor hoch und die Zentralbanken äußern sich nur vage zu Zinssenkungen. Der Cap Gemini World Wealth Report 2023 sagt voraus, dass das globale Wirtschaftswachstum aufgrund der anhaltenden makroökonomischen Instabilität noch etwas unsicher bleiben wird. Die Befürchtungen einer globalen Rezession gehen zwar zurück, aber es gibt neue Bedenken, dass Chinas Wirtschaft in eine Deflation abgleiten könnte.
Dies ist die eine, und eher kurzfristig orientierte, Seite der Medaille. Aus dem aktualisierten Weltwirtschaftsausblick des IWF vom Juni geht hervor, dass sich die Weltwirtschaft trotz dieses Gegenwinds im ersten Quartal 2023 robust zeigte, wobei diese Widerstandsfähigkeit vor allem auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen ist. Positiv ist auch zu vermerken, dass sich die Lieferketten weitgehend erholt haben. Die Versandkosten und die Lieferzeiten der Lieferanten haben wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht.
Nach den Prognosen der Großbank UBS wird das weltweite Vermögen in den nächsten fünf Jahren um 38 Prozent (!) steigen und 2027 insgesamt 629 Billionen US-Dollar umfassen. Das Wachstum in den Ländern mit mittlerem Einkommen wird die Haupttriebkraft sein. Die UBS schätzt, dass das durchschnittliche weltweite Vermögen pro Erwachsenen im Jahr 2027 110.000 Dollar erreichen wird, und die Zahl der sehr vermögenden Personen wird wahrscheinlich auf 372.000 ansteigen. Wenn wir uns jetzt vor Augen halten, dass von dieser Klientel nur rund zwei Prozent eine Großyacht besitzen, sind die Chancen für jegliche Anbieter im Yachting natürlich immens.
Doch zurück auf die Shows und zu meinen Gesprächen mit zahlreichen Branchenkennern. Die Auswirkungen der aktuellen Unsicherheiten spiegeln sich derzeit selbstverständlich auch auf dem Superyachtmarkt wider.
Denn: Haben wir eine eher ruhige geopolitische Lage, besitzen Kunden viel eher die Zuversicht, um große Assets zu erwerben. Deshalb sind gerade die Charter-, Brokerage- und Neubau-Zahlen insgesamt niedriger als im Jahr 2022. Im Segment der 30- bis 80-Meter-Yachten wurden bis September dieses Jahres 109 neue Verkäufe abgeschlossen, was deutlich unter den 244 Abschlüssen des Jahres 2022 und dem Rekordwert von 312 aus dem Jahr 2021 liegt.
Betrachtet man das Segment zwischen 40 und 80 Meter Länge ist die Lage kaum anders: Bis Ende 2023 wird mit 55 bis 60 neuen Verkäufen gerechnet, gegenüber 77 im Jahr 2022. Dennoch: Die Zahlen sind – auf das Jahrzehnt betrachtet – gut und wir nähern uns auf diesem Markt wieder einem Niveau an, das wir aus Prä-Pandemie-Zeiten kennen. Ähnlich sieht es übrigens im Brokerage-Segment aus. Auch hier wird sich die Anzahl der verkauften Second-Hand-Yachten wieder zwischen 400 und 500 Einheiten einpendeln.
Wie bereits gesagt: Das gilt aktuell. In den kommenden fünf Jahren werden wir viele neue (potentielle) Kunden sehen, die über die Stege der großen Messen schlendern. Darauf sollte sich die gesamte Yacht-Industrie vorbereiten. Wir tun es bereits.
Ihre Sandra Ahrabian

Sandra Ahrabian
Vorstandsvorsitzende BAVARIA AG